Sprunggelenksfraktur
Definition
Ein Sprunggelenksbruch ist ein Bruch des Innen- und/oder Außenknöchels am Fuß. Hierbei handelt es sich um einen der häufigsten Knochenbrüche, bei dem am meistens der Außenknöchel betroffen ist.
Spricht man vom Sprunggelenk, so ist eigentlich die Rede vom „oberen Sprunggelenk“. Es wird von drei Knochen gebildet: Schienbein (= Tibia), Wadenbein (=Fibula) und Sprungbein (=Talus). Schienbein und Wadenbein bilden eine knöcherne Gabel (=Malleolengabel), die das Sprungbein U-förmig umfasst. Im oberen Sprunggelenk wird das Heben und Senken des Fußes ermöglicht.
Beim Außenknöchel handelt es sich um den Gelenkfortsatz des Wadenbeins, beim Innenknöchel um den des Schienbeins. Für die Stabilität des Sprunggelenks sorgt ein komplexer Bandapparat: Außenbänder, Innenbänder sowie eine vordere und hintere Syndesmose (=eine sehr feste Bandverbindung zwischen Schien- und Wadenbein).
Kommt es trotz dieser relativ stabilen Verbindungen zu einem Bruch des Sprunggelenks, so bewirken Kraftübertragungen fast immer auch Verletzungen der Bänder. Zudem sollten beide Unterschenkelknochen v.a. bei einer Beteiligung des Innenknöchels im gesamten Verlauf bis hin zum Knie auf zusätzliche Knochenbrüche untersucht werden. Denn gelegentlich tritt ein kniegelenksnaher Wadenbeinbruch (=Maisonneuve-Fraktur) als Begleitverletzung auf.
Abb.1) Anatomie des oberen Sprunggelenk (aus: Prometheus ®, MLP)
Eine Sprunggelenksfraktur wird am häufigsten durch die Klassifikation nach Weber aufgrund der Höhe des Bruches am Wadenbein (Außenknöchel) in drei verschiedene Formen unterteilt:
Weber A: Außenknöchelbruch unterhalb der Syndesmose (→ Syndesmose immer intakt)
Weber B: Außenknöchelbruch auf Höhe der Syndesmose (→ Syndesmose möglicherweise verletzt)
Weber C: Außenknöchelbruch oberhalb der Syndesmose (→ Syndesmose immer verletzt)
Abb. 2) Weber-Klassifikation bei Sprunggelenksfrakturen (aus: Prometheus ®, MLP)
Bei allen drei Weber-Formen kann zusätzlich der Innenknöchel gebrochen oder das Innenband verletzt sein. Dies ist jedoch kein Kriterium für diese Klassifikation.
Bei Vorliegen eines kombinierten Bruchs des Innen- und des Außenknöchels spricht man von einer „bimalleolären Sprunggelenksfraktur“ (siehe Abb. 3). Ist zusätzlich noch die hintere untere Schienbeinkante (=Volkmann`sches Dreieck) gebrochen, nennt man es „trimalleoläre Sprunggelenksfraktur“.
Wie bei allen Knochenbrüchen unterscheidet man auch bei der Sprunggelenksfraktur einen geschlossenen Knochenbruch (= Haut intakt) von einem offenen Knochenbruch (= offene Wunde über dem Bruch). Eine offene Fraktur bedeutet stets ein größeres Risiko für eine Infektion, was die Heilung verzögern kann.
Typische Ursachen
Der Sprunggelenksbruch ist eine typische Sportverletzung. Beispielsweise beim Laufen auf unebenem Boden, bei einem abrupten Richtungswechsel oder einem falschen Aufkommen kann der Fuß umknicken, was eine Knöchelfraktur bewirken kann. Aber auch ein Sturz aus geringer Höhe kann einen Sprunggelenksbruch auslösen.
Symptome
- Schmerzen
- Schwellung
- Bluterguss
- Bewegungseinschränkung
- Belastungsunfähigkeit
- evtl. Instabilität
- Fehlstellung
- evtl. Gefühlsstörungen im Fuß
Diagnostik
- Patientengeschichte: erfragen des Verletzungsmechanismus
- Körperliche Untersuchung:
√ Lokalisation des Bruchs durch Abtasten
√ Prüfen der Bandstabilitäten
√ Prüfen von Gefäß- und Nervenverletzungen - Röntgen: Sprunggelenk und ggf. des gesamten Unterschenkels
Abb. 3) „bimalleoläre Sprunggelenksfraktur“ links in 3 Ebenen geröntgt (a.p., seitlich, Innenrotation) mit einer Innenknöchelfraktur (gelbe Pfeil) und einer spiralförmigen Außenknöchelfraktur (grüner Pfeil)
- ggf. Computertomographie (= CT): bei fraglichen Röntgenbefunden und zur OP-Planung
- ggf. Kernspintomographie (= MRT): zur Abklärung von Bandverletzungen sowie Weichteil- und Knorpelbeurteilung
Behandlung
Allgemein entscheiden die Art des Knochenbruchs (offen/geschlossen, verschoben/unverschoben) und die Weber-Klassifikation über den Behandlungsweg.
Bei einem Bruch mit zusätzlicher Fehlstellung des oberen Sprunggelenks (= Luxationsfraktur) sollte die Fehlstellung so früh wie möglich, ggf. noch am Unfallort durch den Notarzt behoben werden, um Druckschäden der Weichteile (Haut, Nerven, Gefäße) durch die Knochen zu vermeiden.
› Indikation zur konservativen Therapie:
Verfahren der Wahl bei geschlossenen Weber A- und Weber B- Frakturen mit unverschobenem Bruch und ohne Syndesmosenverletzung
→ Entlastungsstiefel (=Walker) für 6 Wochen
› Indikation zur operativen Therapie:
Verfahren der Wahl bei Weber C – Frakturen, Weber A- und Weber B- Frakturen mit verschobenem Bruch und/oder Syndesmosenverletzung (bei Weber B und/oder offenen Brüchen und/oder Gefäß- und/oder Nervenverletzungen)
Methode der Wahl bei der operativen Therapie
- Innenknöchelbruch: meist Verwendung von kanülierten Schrauben oder einer Zuggurtungsosteosynthese
- Außenknöchelbruch: in der Regel einbringen einer Zugschraube und einer Neutralisationsplatte
- ggf. Bandnaht bei Aufklappbarkeit des Innenbandes notwendig
- bei Syndesmosenverletzung ist das Einbringen einer Stellschrauben für 6 Wochen zur Stabilisierung der Syndesmose notwendig
Abb. 4) osteosynthetische Versorgung einer bimallelaren Sprunggelenksfraktur mittels Zuggurtungsosteosynthese am Innenknöchel (gelber u. blauer Pfeil), Neutralisationsplatte (grüner Pfeil) und einer Zugschraube (oranger Pfeil) am Außenknöchel
Weiterbehandlung
- frühe physiotherapeutische Beübung, Belastungsaufbau und Gangschulung in Abhängigkeit von der Bruchform, der Stabilität der Osteosynthese und der Knochenqualität des Patienten
- klinische Kontrollen bis zum Wiedererlangen der vollen Funktion im Sprunggelenk
- regelmäßige Röntgenkontrollen zur Überprüfung der Stellung des Bruches und der knöchernen Durchbauung (= knöcherne Konsolidation)
- bei Einbringen einer Stellschraube muss diese 6 Wochen postoperativ entfernt werden, dann ist ein schrittweiser Aufbau bis zur Vollbelastung möglich
- wenn sich die Syndesmose intraoperativ intakt zeigt und eine Stellschraube nicht benötigt wird, sollte der Patient das Gelenk für 6 Wochen mit 20 kg teilbelasten
- sportliche Aktivitäten sind nach 3 bis 6 Monaten wieder möglich
Materialentfernung
Eine Entfernung des Materials kann zu einem individuell festgelegtem Zeitpunkt (abhängig von mehreren Faktoren, u. a. Alter des Patienten, Aktivitätsgrad des Patienten, Beschwerden), aber frühestens nach 12 Monaten postoperativ erfolgen. Das Belassen des Osteosynthesematerials im Körper auf Dauer ist in der Regel möglich.