UNIVERSITÄTSKLINIK FÜR UNFALLCHIRURGIE

Wirbelsäulenchirurgie

Wirbelsäulenchirurgie

 

Anatomie, Funktion WS

Die Wirbelsäule wird in Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule sowie Kreuz- und Steißbein unterteilt. Sie besteht insgesamt aus 24 freien Wirbelkörpern und 8-10 (verwachsenen) Wirbelkörpern, die das Kreuz- und Steißbein ausmachen. Die Wirbelsäule ist „DAS“ tragende Element des Körpers und verbindet alle Teile des menschlichen Skelettes miteinander.

Die von der Seite sichtbare S-Form soll axiale Stöße ausgleichen und dämpfen. Im Wirbelkanal verläuft das Rückenmark (Nervenbahnen), welches mit dem zentralen Nervensystem u.a. für die Steuerung und Ausführung von Bewegungen der Extremitäten (Arme u. Beine) sowie für die Übermittlung von sensorischen Informationen (Gefühl, Schmerz, Wärme/Kälte usw.) verantwortlich ist.

 

Unfallmechanismen

Bei Verletzungen an der Wirbelsäule muss zunächst die Höhe der Schädigung unterschieden werden:

  1. 1.      Halswirbelsäule

Häufig Beschwerden nach Verkehrsunfällen, z.B. Distorsion der Halswirbelsäule (im Volksmund „Schleudertrauma“) nach Auffahrunfall, durch Sturz auf den Kopf oder einen Direktanprall.

  1. 2.      Brustwirbelsäule

Sturz auf den Rücken (z.B. auf eine Kante) durch direkten Anprall oder durch indirekte Verletzungen bei Verkehrsunfällen (Distorsion/Verdrehtrauma).

  1. 3.      Lendenwirbelsäule/Kreuz- und Steißbein

Häufig bei Stürzen auf das Gesäß oder bei schweren Verkehrsunfällen. Auch hier ist eine Schädigung durch direkten Anprall z.B. durch Sturz auf den Rücken möglich. Dies tritt gelegentlich auch als Begleitverletzung im Rahmen eines Steißbeinsbruchs oder eines Beckenbruchs auf.

Neben reinen Knochenbrüchen an der Wirbelsäule kommt es auch häufig zu begleitenden Bandverletzungen. Durch entsprechende Diagnostik (s.u.) können diese sicher festgestellt und entsprechend behandelt werden. Das Ausmaß der Begleitverletzungen entscheidet auch die weitere Form der Behandlung mit (s.u.).

 

Osteoporose

Neben traumatisch (durch Unfall) bedingten Brüchen spielen durch Osteoporose bedingte Frakturen zunehmend eine entscheidende Rolle. Dabei entstehen dieBild 1 LWK 1 u. 5 Frakturse Brüche meist spontan ohne äußere Krafteinwirkung. Das Einsinken von Wirbelkörpern wird als “Sinterung” bezeichnet und kann Ausdruck einer manifesten Osteoporose sein. Häufig bemerken die Patienten eine über die Zeit schrumpfende Körperhöhe.Als wichtigen Schritt in der Diagnostik einer Osteoporose führen wir bei Verdacht spezielle Blutuntersuchungen und eine sog. Knochendichtemessung (DXA) durch.

 

Diagnostik    

Stellt sich ein Patient mit Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule nach Unfallereignis bei uns vor, so wird zunächst eine strukturierte klinische Untersuchung durchgeführt. Anhand der erhobenen Befunde wird dann entschieden, welche weitere Diagnostik notwendig ist. Meist werden zunächst Röntgenaufnahmen angefertigt. Häufig muss auch eine Computertomographie (CT „Schichtbildtröntgen“) und/oder eine Magnetresonanztomographie (MRT, Kernspintomographie) durchgeführt werden, um das genaue Ausmaß der Verletzung festzustellen.

Nachfolgend wird ein Behandlungsplan festgelegt. Prinzipiell wird zwischen einer Operation und einer konservativen Behandlung (ohne OP) unterschieden (s.u).

   

Behandlungsmöglichkeiten:

Es wird zwischen konservativer (ohne OP) und operativer Behandlung unterschieden. Prinzipiell können stabile Brüche ohne schwerwiegende Begleitverletzungen (Bänder, Rückenmark) i.d.R. ohne eine Operation ausbehandelt werden. Dazu müssen in regelmäßigen Abständen Röntgenkontrollen und klinische Untersuchungen durchgeführt werden. Häufig muss eine Orthese mit Prinzipien eines Biofeedbacks getragen werden.

Bei allen Behandlungen spielt die richtige physiotherapeutische Mitbehandlung eine wichtige Rolle. Dazu gibt es bei uns speziell ausgebildete PhyiotherapeutInnen, die gemeinsam mit dem Patienten nach ärztlicher Maßgabe die Mobilisierung durchführen.

Bei Brüchen im Bereich der Wirbelsäule mit drohender Instabilität oder bei auseinanderweichenden Bruchenden (Dislokation) sowie bei (drohender) Verletzung von Nerven (Rückenmark), Blutgefäßen, Bändern oder anderen Gewebeschädigungen sowie durch konservative Behandlung nicht zu bewältigende Schmerzen ist meist eine Operation notwendig. Dabei gibt es u.a. zwei Verfahren:

 

 1.      Stabilisierung mittels Fixateur Interne („Innerer Festhalter“, Stabilisierung mittels Zuggurtung).

Dazu werden bei dem Patienten in Bauchlage die jeweils benachbarten Wirbelkörper mittels Titanschrauben und Stäben vom Rücken her miteinander verbunden und somit der Bruch überbrückt. Bei vielen v.a. älteren Patienten kann das Material nach der Operation lebenslang im Körper verbleiben.

Im folgenden Beispiel ist ein Wirbelkörperbruch vom 1. Lendenwirbelkörper zu sehen (Bild 2+3). In der nachfolgenden Operation wurde der Buch mit einem Fixateur Interne vom darüber liegenden (BWK-12) auf den darunter liegenden Wirbelkörper geschient (Bild 4+5). Der rote Pfeil weist jeweils auf den gebrochenen Wirbelkörper.

 

 Bild 2, 3, 4, 5 WS

 

Bei osteoporotischem Knochen (verringerte Knochendichte) kann die Stabilität bzw. Halt der Schrauben gefährdet sein. Damit die Operation trotzdem gelingt können die Schrauben, welche in den Wirbelkörper gedreht werden, mit Knochenzement verstärkt werden. Dazu gelangt der Zement durch kleine Löcher in den Schrauben in den Wirbelkörper und sorgt somit für einen festen Sitz der Schrauben und der gesamten Osteosynthese (s. Bild 8 -10).

 Bild 8, 9, 10 WS

 

 2.      Stabilisierung mit Wirbelkörperersatz („Cage“, vordere Stabilisierung).

Bei durch einen Knochenbruch deutlich deformierten Wirbelkörpern reicht gelegentlich eine Stabilisierung von hinten (Fix. Interne) nicht aus, so dass ein sog. Wirbelkörperersatz (Cage) notwendig wird. Dazu werden beide Verfahren miteinander kombiniert. In der ersten Operation erfolgt die hintere Stabilisierung. In einem zweiten Schritt kann dann die vordere Stabilisierung über einen sog. „Cage“ (engl. Käfig) erfolgen.

Dabei wird ein höhenverstellbarer Metallzylinder (Cage) an Stelle des gebrochenen Wirbelkörpers eingesetzt. Dieser kann nun die Kraft, welche auf die Wirbelsäule einwirkt, auf die angrenzenden Wirbelkörper übertragen.

Nachfolgend ist eine operative Versorgung mit einem Cage bei einer Fraktur des 1. Lendenwirbelkörpers zu sehen (zusätzlich zum Fixateur Interne, Bild 6+7).

 

Bild 6, 7 WS 

Komplikationen/Risiken

Durch die unmittelbare Nähe der Wirbelsäule zum Rückenmarks und wichtiger Blutgefäße (u.a. der Hauptschlagader) können Wirbelkörperbrüche eben diese Strukturen verletzen und schädigen. Folgen können u.a. Nervenverletzungen bis hin zu einer Querschnittslähmung, lebensgefährliche Blutungen und anhaltenden Schmerzen sein. Bei einfacheren Frakturen, die u.a. durch wichtige Bandstrukturen gehalten werden, kann häufig auf eine primäre Operation verzichtet werden. Risiken und Nutzen einer operativen und einer konservativen Behandlung werden prinzipiell gegenübergestellt und gemeinsam mit dem Patienten eine individuelle Lösung erarbeitet.

 

Leistungsspektrum

Unsere Klinik deckt das gesamte Spektrum der Wirbelsäulenchirurgie ab. Modernste Verfahren, wie die intraoperative 3D - Bildgebung werden bei uns standardmäßig eingesetzt. Neben den gängigen offenen Verfahren sind auch minimalinvasive Zugänge und computergestützte Navigation möglich. 

 

Nachbehandlung

Je nach Art und Weise der Primärtheapie erfolgt eine spezielle Nachbehandlung der Fraktur oder der Begleitverletzung. Im Allgemeinen erfolgt eine bedarfsgerechte Schmerztherapie um eine frühzeitige Mobilisation zu gewährleisten.

In enger Zusammenarbeit mit den PhysiotherapeutInnen erfolgt bereits im Krankenhaus die Mobilisierung der PatientInnen nach hauseigenem Schema. Den PatientInnen werden auch der Umgang und die richtigen Verhaltensweisen in Bezug zu ihrer Erkrankung vermittelt.

Über die Universitätsambulanz erfolgt zudem eine enge Anbindung zur weiteren Behandlungsplanung und für die regelmäßigen Nachkontrollen.

Letzte Änderung: 20.12.2021 - Ansprechpartner:

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